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Bundsarbeitsgericht – Entschädigung nach dem AGG Tragen eines islamischen Kopftuchs Berliner Neutralitätsgesetz
August 27, 2020 @ 11:30 am - 1:30 pm
Entschädigung nach dem AGG Tragen eines islamischen Kopftuchs Berliner NeutralitätsgesetzK. (RAin. Haschemi Yekani, Berlin) ./.
Land Berlin (RAin. Ates, Berlin und RAe. Redeker, Sellner, Dahs, Bonn)
– 8 AZR 62/19 –
Die Parteien streiten darüber, ob das beklagte Land der Klägerin eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG aufgrund einer Benachteiligung wegen der Religion schuldet.
Die Klägerin ist Muslima und trägt ein Kopftuch. Sie bewarb sich beim beklagten Land im Rahmen eines Quereinstiegs mit berufsbegleitendem Referendariat für eine Beschäftigung als Lehrerin.
Bei einem Bewerbungsgespräch am 11. Januar 2017 trug die Klägerin ein Kopftuch. Beim Verlassen des Raums sprach sie ein Mitarbeiter der regionalen Schulaufsicht auf die Rechtslage nach dem Berliner Neutralitätsgesetz an. Nach dessen § 2 dürfen ua. Lehrkräfte in den öffentlichen Schulen innerhalb des Dienstes – mit Ausnahmen für die Erteilung von Religions- oder Weltanschauungsunterricht – keine sichtbaren religiösen oder weltanschaulichen Symbole tragen, die für die Betrachterin oder den Betrachter eine Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft demonstrieren, ebenso wenig auffallende religiös oder weltanschaulich geprägte Kleidungsstücke. Die Klägerin erklärte in dem Gespräch mit dem Mitarbeiter der regionalen Schulaufsicht, sie werde das Kopftuch im Unterricht nicht ablegen. Sie erhielt in der Folgezeit weder eine Zu- noch eine Absage. Die Klägerin hat daraufhin eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG geltend gemacht, die nicht weniger als drei Monatsgehälter betragen solle.
Die Klägerin hat behauptet, wegen des Tragens ihres Kopftuchs und damit wegen ihrer Religion nicht eingestellt worden zu sein. Auf § 2 des Berliner Neutralitätsgesetzes könne sich das beklagte Land nicht berufen, da es eine – vom Bundesverfassungsgericht geforderte – hinreichend konkrete Gefahr für den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität nicht dargelegt habe. Jedenfalls aber würde sie als Quereinsteigerin mit berufsbegleitendem Referendariat ohnehin unter die Ausnahmeregelung nach § 4 des Berliner Neutralitätsgesetzes fallen. Das beklagte Lad hat sich darauf berufen, die Klägerin sei allein deshalb nicht eingestellt worden, weil es ausreichend Laufbahnbewerber gegeben habe. Eine Nichtberücksichtigung wegen ihres Kopftuchs wäre im Übrigen durch das Neutralitätsgesetz des Landes Berlin gerechtfertigt gewesen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der hiergegen gerichteten Berufung der Klägerin teilweise stattgegeben und das beklagte Land zur Zahlung einer Entschädigung iHv. 5.159,88 Euro dies entspricht einem 1 ½ -fachen Bruttomonatsverdienst verurteilt. Mit seiner Revision verfolgt das beklagte Land sein Begehren nach vollständiger Klageabweisung weiter. Mit ihrer Anschlussrevision macht die Klägerin weiterhin einen Anspruch auf eine höhere Entschädigung geltend.
LAG Berlin-Brandenburg,
Urteil vom 27. November 2018 – 7 Sa 963/18 –